Nahwärmeversorgung wie geht das?
Samstag, 7. Februar 2015 10:18
Es hat sich um Weihnachten viel bewegt zum Thema Nahwärmeversorgung in Saig. Das Interesse der Hauseigentümer ist abgeklopft worden, rund drei Dutzend Hausbesitzer stehen einem Anschluss aufgeschlossen gegenüber und auch die großen Saiger Hotels beschäftigen sich damit. Gleichzeitig sind Kalkulationsvarianten ausgearbeitet worden. In den nächsten Tagen sollen die Richtpreisangebote an die interessierten Hauseigentümer versendet werden. Nach dem Rücklauf der Anschlusserklärungen der Eigentümer werden dann die Entscheidungen zur Ausschreibung der Bauleistungen und die Vergabe zum Planungsauftrag getroffen.
Wir möchten Sie heute in einem Interview mit Herrn Klaus-Dieter Müller (Planungsbüro Zelsius) über die Erfahrungen mit der Planung, dem Bau und Betrieb von Nahwärmenetzen informieren.
Arbeitskreis CO2 reduziertes Lenzkirch: Herr Müller vielen Dank für die Möglichkeit uns bei einem Fachmann über seine Erfahrungen zu informieren. Wie funktioniert so ein Nahwärmenetz?
Herr Müller: Eine zentrale regenerative Wärmeerzeugungsanlage (Waldrestholz in Form von Holzhackschnitzeln aus der Region) speist in ein Netz warmes Wasser mit einer Vorlauftemperatur von 75-90°C und einer Rücklauftemperatur von 45-60°C ein. Das Wärmenetz besteht aus einem PE-Hüll-Rohr in das 2 Stahlrohrleitungen in einem PE-Schaum eingegossen sind. Die Rohre werden mit einer Überdeckung von 70-80cm Tiefe im Erdreich verlegt. Hauptleitungen haben einen Durchmesser von 355 – 180mm. Hausanschlussleitungen einen Durchmesser von 110-250 mm. Eine Wärmeübergabestation in den Gebäuden trennt den Wasserkreislauf des Nahwärmenetzes vom Heizwasserkreislauf des Gebäudes. Die übertragene Wärmemenge wird mittels eines beglaubigten elektronischen Wärmemengenzählers gemessen. Der Kunde bezahlt nur die tatsächlich zur Gebäudeheizung oder zur Brauchwasserbereitung erforderliche Nutzenergie. Gegenüber der Eigenversorgung mittels einer Feuerungsanlage reduziert sich der Energiebezug meist zwischen 20-35% je nach Alter und Art der bestehenden Kesselanlage.
Arbeitskreis CO2 reduziertes Lenzkirch: Wie sehen Sie die derzeit sehr starke Diskussion um den Rohstoff Waldrestholz aus dem die Hackschnitzel hergestellt werden? Steht uns der Rohstoffe ausreichend zur Verfügung?
Herr Müller: Grundsätzlich sprechen wir bei unseren Bedarfsgrößen von den bisher nicht veräußerten Waldrestholzmengen die bei der Holzernte anfallen und bisher keiner Verwendung zugeführt wurden.
Die Waldbewirtschaftung in BW erfolgt nachhaltig, d.h. dass pro Jahr ca.10% mehr Zuwachs als Entnahme erfolgt. Die für Nutzholz verwertbare Menge des Jahreseinschlags beträgt 85%. Die dadurch verbleibende Waldrestholzmenge wird derzeit gerade zu 20% genutzt. Zudem gibt es noch zusätzliche verwertbare Mengen aus der Grüngutannahme aus Landschaftspflegemaßnahmen. Ferner gibt es bereits erfolgsversprechende Versuche mit der Anpflanzung von schnell wachsenden Baumarten, die auf brachliegenden landwirtschaftlichen Flächen angebaut werden.
Ebenfalls muss darauf hingewiesen werden, dass die Nutzung von Holz in solchen Großfeuerungs-Anlagen zu einem wesentlich sparsameren und schadstoffärmeren Betrieb führt, als die Verbrennung von Scheitholz in Kaminöfen oder Einzelofen, die mittlerweile in fast jedem Haushalt zu finden sind.
Arbeitskreis CO2 reduziertes Lenzkirch: Welche Vorteile hat ein Nahwärmenetz für Gemeinde und Bürger?
Herr Müller: Allein in der Ortschaft Saig werden derzeit jährlich ca. 500.000 Liter Heizöl verbrannt und sorgen dafür das zwischen 360.000 – 400.000 € an Kaufkraft aus der Region abfließen. Gleichzeitig werden 1.350 t CO2 in die Luft geblasen.
Die Bürger werden mit der Nahwärme auf Hackschnitzelbasis in der Hauptlast von Immissionen entlastet und die Kaufkraft bleibt in der Region. Der Energiepreis wird von regionalen Parametern bestimmt. Die Investitionen für ein Nahwärmenetz sind auf lange Sicht viel kostengünstiger als der im 20-25 jährigen Turnus erfolgende Austausch von Einzelfeuerungsanlagen. Die Lebensdauer eines heute gebauten Wärmenetzes beträgt 60-80 Jahre.
In diesem Zeitraum werden Einzelfeuerungsanlagen 3-4mal gewechselt. Die Nutzung von teureren alternativen Techniken ist in Großanlagen viel schneller und wirtschaftlicher möglich.
Arbeitskreis CO2 reduziertes Lenzkirch: Eine weitere Frage – Wie interessant sind die Alternativen im Vergleich zum Anschluss an ein Nahwärmenetz?
Herr Müller: Alle Alternativen zeichnen sich durch höhere Einzelinvestitionen aus. Das bedeutet, der daraus resultierende Wärmepreis wird bei fallendem Energiebedarf durch nachträgliche Dämm-Maßnahmen immer größer.
Arbeitskreis CO2 reduziertes Lenzkirch: Vielen Dank Herr Müller für die interessanten Informationen. Wir freuen uns in den nächsten Wochen über die konkreten Ergebnisse der Vorplanung in Saig berichten zu dürfen.
Thema: Allgemein | Kommentare (0) | Autor: Roland Pfisterer